Steuern und das Nutznießer-Verursacher-Prinzip

Steuern werden von manchen libertären Denkern kritisiert und mit Raub verglichen. Dabei spielt  eine Idee von Nozick mit, der meint, dass Individuen sich selbst gehören und eine Theorie von Locke zur Aneignung von Eigentum, die heute insbesondere im Rahmen von Umweltfragen Probleme breitet, die zu Lockes Zeiten noch nicht zu ahnen waren. Locke glaubt, dass die Welt so beschaffen ist, dass wenn sich jemand etwas aneignet, prinzipiell noch genug für andere da ist und dass die Aneignung anderen sogar nützt, weil Eigentumsrechte dazu führen, dass man sich um sein Eigentum sorgt, es mehren möchte, etwas produziert und mit anderen handelt – analog zur unsichtbaren Hand Adam Smiths. Wer sich etwas erstaneignet, der tut also niemandem Unrecht und so liegt es nahe, dass staatlich verordnete Zwangs-Abgaben unrechtmäßig seien, zumindest wenn man eine Idee des Selbsteigentums vertritt, die allerdings meiner Ansicht nach zurecht nicht unumstritten ist, weil aus ihr keine soziale Fürsorge abgeleitet werden kann, zu der wir meiner Überzeugung nach in vielen Fällen verpflichtet sind.

Bei vielen Gütern mag es richtig sein, dass die Erst-Aneignung niemandem schadet und dass genügend übrig bleibt. Außerdem hat eine Tendenz zum Wirtschaftsliberalismus den Vorteil, selbstregulative Marktmechanismen zu nutzen, die allen zugute kommen, doch es gibt Güter, die kann man sich nicht aneignen, ohne dass alle dadurch geschädigt werden. Die einzige soziale Verantwortung eines Unternehmers sei es, den Profit zu maximieren, so Friedman und das ist im Sinne der unsichtbaren Hand auch keine dumme Aussage, allerdings steht so der Staat umso mehr in der Pflicht, das Regelfeld zu konstruieren, in dem Unternehmen aktiv werden können. Wenn jemand ein Atomkraftwerk baut oder ein Kreuzfahrtschiff mit Schweröl betreibt, so schädigt er damit auf fatale Weise – so es keine gesetzliche Regularien gibt – seine Mit-, Um- und Nachwelt. Die Studien zum Klimawandel und zu Strahlenschäden sprechen eine eindeutige Sprache. Die Menschheit muss hier für Schutz sorgen, wenn sie sich nicht selbst ins Chaos stürzen möchte. Wenn ein Unternehmer ökonomisch gesprochen allgemeine Güter nutzt, ohne für den dadurch entstanden Schäden aufzukommen, ist das ein Problem. Ein extrem wirtschaftsliberales System fördert gerade so ein umweltschädliches Verhalten, weil der Konkurrenzdruck dazu führt, dass man als Unternehmer seine Kosten möglichst gering halten muss. Hier auf Corporate Social Responsibility zu vertrauen, wäre also illusorisch, vielmehr müssen rechtliche Regularien her. Steuern sind hier ein Instrument, um dafür zu sorgen, dass derjenige, der Kosten verursacht, um einen Nutzen zu erlangen, auch für diese Kosten aufkommen muss. So empfiehlt auch die OECD, dass dem Nutznießer-Verursacher-Prinzip in Umweltfragen Rechnung zu tragen ist. Steuern und staatliche Regularien im Allgemeinen zu verurteilen, ist ebenso kurzsichtig wie zu meinen, dass eine hohe Staatsquote notwendig zu sozialer Gerechtigkeit führen würde.